Synagoge - Entstehung Kreisgedenkstätte
Im Jahre 1985 wurden zunächst im kleinen Kreis und im Gemeinderat Gespräche geführt. Es wurde darüber nachgedacht, wie die ehemalige Synagoge wieder in einen ansehnlichen Zustand versetzt werden und dabei auch an die Menschen gedacht werden könnte, deren Gotteshaus es einmal war. Die Kostenschätzungen lagen bei 300.000 DM und waren nur für den Synagogenraum und das Äußere des Gebäudes erstellt worden. Die nunmehr zweite Kostenaufstellung für das Gesamtgebäude mit Vorplatz lag bei über 800.000 DM und erschreckte die Fraktionen des Kreistages. Bei einer Ortsbesichtigung aller Fraktionen konnte dennoch eine Einigung erzielt werden.
Zur Geschichte der Juden in Gaukönigshofen
Die jüdische Geschichte in Gaukönigshofen geht nach neusten Forschungen etwa bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück. Im Jahre 1898 wurde eine Werkstatt gegründet, aus der sich eine Landmaschinenfabrik entwickelte, die teilweise über hundert Arbeitnehmer beschäftigte. Es wurde eine Viehhandelskompanie ins Leben gerufen. Jüdische Bürger waren bis 1933 im Gemeinderat, waren 1914/18 Kriegsteilnehmer, bekamen dafür hohe Auszeichnungen, waren Mitbegründer, Förderer und Vorstände von Vereinen. Leider wurde durch die politische Entwicklung in Deutschland ab 1933 die Arbeit der Juden und die weitere Entfaltung eingeschränkt, in den darauffolgenden Jahren immer mehr erschwert und am Schluss unmöglich gemacht. Von den 54 jüdischen Bürgern aus Gaukönigshofen konnten 25 auswandern. 29 Personen wurden 1942 Richtung Osten deportiert.
Öffnungszeiten: Jeden 1. Sonntag im Monat (April - Oktober) von 14.00 bis 16.00 Uhr.
Im Winter geschlossen.
Zu Führungen für Gruppen außerhalb der Öffnungszeit erhalten Sie Auskunft im Rathaus.
Tel.: 09337 / 9719 - 0
Die Kreisgedenkstätte Gaukönigshofen
Die erste Erwähnung einer Synagoge in Gaukönigshofen taucht 1768 in den Quellen auf. Anlass der Nennung war die Stiftung einer neuen Thorarolle, welche feierlich in die Synagoge auf dem Gelände des Rosenbergischen Freihofs überführt worden war. Nach dem jüdischen Kunsthistoriker Theodor Harburger ist die Synagoge jedoch mindestens 15 Jahre älter und kann auf die frühen 1750er Jahre datiert werden. Es dürfte sich dabei um einen Betraum in einem Wohnhaus der in Gaukönigshofen lebenden Schutzjuden der Freiherren von Rosenbach handeln. Am 24. Februar 1790 wurde der jüdischen Gemeinde vom Freiherrn von Rosenbach die Errichtung einer Synagoge mit jüdischer Schule gestattet. Die Bauarbeiten dauerten von März bis September 1790 und am 2. Oktober überführte man die zehn Gebote unter musikalischer Begleitung in einem Festzug in die neue Synagoge. Durch das kontinuierliche Wachsen der jüdischen Gemeinde wurde 1842 der Neubau der jüdischen Schule nötig. In Verbindung damit wurde auch gleich der Bau einer neuen Synagoge beschlossen. Der Neubau steht am Platz der alten Synagoge. Das imposante Gebäude beherbergte Synagoge, Religionsschule und Wohnung des Lehrers. Der ehemalige zweigeschossige Betsaal nimmt den Nordteil des Gebäudes ein. Der Südteil wurde im Erdgeschoss durch die Lehrerwohnung mit Unterrichtsraum und im Obergeschoss durch die Frauengalerie und das Gemeindeversammlungszimmer ausgefüllt. Mit Unterstützung der Kreisregierung erreichte der Vorsänger, Religionslehrer, Schächter und Rabbiner Julius Bravmann 1900 den Bau eines neuen jüdischen Gemeindehauses, da die beengten Verhältnisse, neben der Frauengalerie im Gebäude das zugleich noch die Synagoge, die Schule und die Lehrerwohnung beinhaltete, nicht mehr zu verantworten waren. Die Bauarbeiten dauerten bis Frühjahr 1901 und kosteten 6.500 Mark. der zweigeschossige Neubau entstand parallel zum heute als Museum genutzten Synagogengebäude. 1920 wurden die Synagoge und die Schule renoviert. Die letzte Baumaßnahme am Gebäude der jüdischen Gemeinde stellte der Kamineinbau 1937 dar.
Zu jener Zeit hatte sich die Lebenssituation der Juden in Deutschland bereits massiv verschlechtert. Einen unrühmlichen Höhepunkt erreichten die nationalsozialistischen „Judenaktionen“ in der Reichspogromnacht am 9. November 1938, die im Landkreis Ochsenfurt einen Tag später durchgeführt wurde. An diesem 10. November wurden durch SA- und SS-Männer und einen aufgebrachten einheimischen Mob nicht nur die jüdischen Anwesen im Ort, sondern auch die Synagoge demoliert und ihrer Ritual- und Einrichtungsgegenstände beraubt. Die Kronleuchter, Thora und Ritualien wurden in ein Feuer geworfen und die jüdische Schule vollständig ruiniert. Am 28. Juni 1939 brachte die Gemeinde Gaukönigshofen Synagoge und jüdisches Gemeindehaus an sich und richtete dort Wohnungen ein. Während des Krieges wurde im Schulgebäude die Gendarmeriestation untergerbacht. Nach 1945 diente die Synagoge als Feuerwehrgarage, im November 1958 als Unterstellraum für Landwirtschaftsgeräte. 1985 setzten unter Anleitung des Würzburger Kultusvorstandes David Schuster im Gemeinderat die Vorüberlegungen zur Widerherstellung und Nutzung des ehemaligen Synagogengebäudes ein. Am 13. März 1987 beschloss der Kreistag die Umgestaltung der Synagoge zu einer Kreisgedenkstätte für 800.000 Mark. bei den Renovierungsarbeiten wurde im Juni 1988 eine Genisa auf dem Dachboden entdeckt. Am 16. Oktober 1988 fand 50 Jahre nach dem Novemberpogrom die feierliche Eröffnung der nun als Kreisgedenkstätte wiedererstandenen ehemaligen Synagoge statt. Vierzehn ehemalige jüdische Gemeindebürger waren zu diesem Anlass aus den USA und Israel angereist. Seitdem wurde die Gedenkstätte oftmals von Schulklassen, Privatpersonen oder ehemaligen Mitbürgern besucht. Das museumspädagogische Konzept wurde 2016 mittels Laptop und Beamer für den Vortragsteil der Führung digital aufgearbeitet. Im Rahmen des Projekts DenkORT Deportationen errichtete die Gemeinde zudem eine Gedenkstätte am alten Bahnhof Gaukönigshofen. Das Pendant des vom Künstler Reinhard Kraft dort aufgestellten steinerneren Koffers steht am Deportationsdenkmal am Würzburger Hauptbahnhof. Für die nächsten Jahre ist eine inhaltliche Neukonzipierung der Kreisgedenkstätte geplant. Hierbei soll auch die Namenstafel am Eingang der Kreisgedenkstätte um einige Opfer erweitert werden. Die jüdische Kreisgedenkstätte stellt ein wertvolles kulturelles Zentrum und eine stetige Erinnerung an die jüdische Geschichte des Ortes dar.
Georg Menig M.A.